Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums (Berlin), Bibliothek

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Die Hochschule/Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums in Berlin bestand als akademische Forschungs- und Studieneinrichtung von 1872 bis 1942.

Geschichte

Die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums wurde am 6. Mai 1872 in Berlin eröffnet. Zu ihren Gründungsmitgliedern gehörten Abraham Geiger, Ludwig Philippson und Salomon Neumann. Von 1883 bis 1922 und erneut von 1933 bis 1942 trug sie den Namen „Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums". 1907 konnte die Hochschule ein eigenes Gebäude in der damaligen Artilleriestraße 14 in Berlin-Mitte beziehen.

Am 19. Juli 1942 wurde die Einrichtung geschlossen und das wertvolle Inventar beschlagnahmt. Vermutlich wurde die Bibliothek zusammen mit Einrichtungsgegenständen an das Reichssicherheitshauptamt überwiesen. Der einzig verbliebene Lehrer und Rabbiner Leo Baeck wurde 1943 zusammen mit den restlichen Studenten ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert.

1931 wird der Bestand der Bibliothek der Hochschule für die Wissenschaft des Judentums in der Artilleriestr. 14 (heute: Tucholskystr.) mit ca. 46.347 Bänden angegeben. Die Bibliothek wurde zu diesem Zeitpunkt von zwei Bibliothekaren (Jenny Wilde und Fritz Bamberger) und einer Volontärin betreut[1].

Provenienzmerkmale

Nach 1945

Teile des Inventars (Bibliotheksregale) und der Bestände wurden 1945/46 durch die Bergungsaktion 15 (Reichssicherheitshauptamt, Eisenacher Str. 11-13) der Bergungsstelle für wissenschaftliche Bibliotheken gerettet. Aus einem Schreiben des Vorstands der Jüdischen Gemeinde zu Berlin an die Bergungsstelle vom 21. Januar 1946 geht hervor, dass diese Regale und die zugehörigen Bestände aus der Bibliothek der Hochschule/Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums der Jüdischen Gemeinde zur Verfügung gestellt wurden[2].
Weitere Exemplare gelangten offenbar über die NS-Ordensburg Sonthofen in den Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek (BSB). Ab 1946 wurden die in Sonthofen verbliebenen Buchbestände von der amerikanischen Militärregierung an die BSB übergeben.
Über die Jewish Cultural Reconstruction gelangten Bände aus der Bibliothek der Hochschule auch nach Israel.

Ermittelte Exemplare

Restitution

Ein Rechtsnachfolger für die Hochschule/Lehranstalt existiert heute nicht mehr. Die BSB und die Zentral- und Landesbibliothek gaben die in ihren Beständen identifizierten vier Exemplare am 9. Dez. 2015 an das Abraham Geiger Kolleg an der Universität Potsdam, das sich als erste Rabbiner- und Kantorenausbildungsstätte in Mitteleuropa nach der Schoa auch als Nachfolgeeinrichtung der Hochschule versteht. Im März 2017 schenkte die UB der FU Berlin einen weiteren Band aus dieser Provenienz ebenfalls an das Abraham Geiger Kolleg.

Literatur

  • Irene Kaufmann, Die Hochschule für die Wissenschaft des Judentums (1872 - 1942), Teetz [u.a.] 2006 (Jüdische Miniaturen 50). - ISBN 3-938485-19-1.

Weblinks

GND-Normdaten

Einzelnachweise

  1. Jahrbuch der Deutschen Bibliotheken 21/22.1931, S. 18.
  2. Heike Schroll, Die Bergungsstelle für wissenschaftliche Bibliotheken und Archive des Magistrats von Berlin, in: Berlin in Geschichte und Gegenwart. Jahrbuch des Landesarchivs Berlin 2000, S. 135-154, hier S. 154.