Heinrich Friedrich von Diez
Heinrich Friedrich von Diez (* 2. September 1751 in Bernburg (Saale); † 7. April 1817 in Berlin) war ein preußischer Diplomat und Orientalist, geadelt 1786.
Inhaltsverzeichnis
Bibliothek
Heinrich Friedrich von Diez besaß eine private Bibliothek sowie eine Kunst-, Instrumenten-, Naturalien- und Münzsammlung.
Die Büchersammlung, deren Ordnungsprinzip Diez in mehreren separaten Bibliothekskatalogen festhielt, war herausragend. Sammlungsschwerpunkte bildeten die Literatur zum Orient, zu den griechischen und römischen Klassikern, zur Geschichte sowie Sprachen und Literaturen. Von den Druckschriften des 15. bis 19. Jahrhundert in seiner Sammlung stammt der überwiegende Teil des Bestandes aus dem 18. Jahrhundert.[1] Diez besaß außerdem eine große Anzahl seltener und wertvoller Erstausgaben. Er selbst verwendete in seinen Büchern keinen Eigentumsvermerk. Einzige Spuren sind die Beschriftungen mit Kurztiteln auf dem oberen Buchschnitt der Bände, die liegend aufbewahrt wurden.
Heinrich Friedrich von Diez vermachte seine Büchersammlung in seinem Testament 1817 der Königlichen Bibliothek zu Berlin.[2] Damit war die Auflage verbunden, die Sammlung geschlossen aufzustellen und die von ihm etablierte Bibliotheksordnung zu erhalten. Die Bearbeitung der Sammlung mit ca. 17.000 Drucken, 437 abendländischen Handschriften und 410 orientalischen Handschriften betreute der Bibliothekar Friedrich Wilken (1777–1840). Die Bände aus der Sammlung Diez wurden in der Königlichen Bibliothek mit einem Signaturenetikett „Bibliotheca Dieziana" versehen, das auf den hinteren Spiegel eingeklebt wurde. Heute ist diese Gelehrtenbibliothek Teil der Sondersammlungen der Staatsbibliothek zu Berlin (Nachfolgeinstitution).
900 weitere Objekte aus seinem Besitz wurden nach seinem Tod im Jahr 1818 versteigert.[3]
Provenienzmerkmale
Kurztitel auf dem oberen Buchschnitt
Königliche Bibliothek zu Berlin. Bibliothek Diez
Signaturenetiketten der Königlichen Bibliothek zu Berlin
Systematik, Signaturensystem und Kataloge
Ausgangspunkt für die ursprüngliche Bibliotheksordnung sind sowohl Diez‘ eigene Interessen als auch sein Wunsch, die Benutzung seiner Sammlung komfortabel zu gestalten. Bei der Ordnung und Aufstellung seiner Büchersammlung orientierte sich Heinrich Friedrich von Diez an den „Hauptzeitaltern des menschlichen Wissens“ und der Annahme einer „Filiation der Kenntnisse“ durch die Weitergabe von Wissen unter kulturellen Gesellschaften.[4] So gliederte Diez seine Sammlung in folgende sachliche Großgruppen:
- Morgenländer
- Griechen
- Römer
- Schriftsteller des Mittelalters
- die Neuern [=neuzeitliche Literatur]
- Bücherkunde und Bibliographie
Diez legte außerdem folgende Untergruppen an:
- Griechen – Homerica
- Römer – Editionis Ovidii
- Römer – Tacitussiana
- Neuern – Ana
- Neuern – Chronologica
- Neuern – Proverbia
Gemäß der testamentarischen Verfügung veranlasste Friedrich Wilken bei der Einarbeitung der Sammlung in den Bestand der Königlichen Bibliothek, dass die sechs sachlichen Großgruppen beibehalten wurden. Die Systematik innerhalb der Großgruppen und die Zuordnung von Einzeltiteln wurden jedoch von Wilken überarbeitet und zum Beispiel der Bereich „Griechen“, „Römer“ und „Mittelalter“ nach Ausgaben und Übersetzungen geordnet, sowie die neuzeitliche Literatur nach den klassischen wissenschaftlichen Sachgebieten Geschichte, Theologie, Jurisprudenz, Philosophie, Medizin und Naturkunde, Sprachen und Literaturen strukturiert. [5]
Das Signaturensystem in der Königlichen Bibliothek festigte die Systematik. Die Signaturen setzen sich aus dem Element „Bibl. Diez“, der Abkürzung der Formatangabe und einer innerhalb der Formate fortlaufenden Nummer zusammen und wurde auf dem Signaturenetikett vermerkt:
- Bibl. Diez. oct. + lfd. Nr.
- Bibl. Diez. qu. + lfd. Nr.
- Bibl. Diez. fol. + lfd. Nr.
Bibliothekskataloge (vor 1817)
Heinrich Friedrich von Diez fertigte zu seinen Lebzeiten mehrere Kataloge an. Die sachlichen Großgruppen sind im Arbeitskatalog von Diez als Ordnungswort vermerkt bzw. geben die Ordnung für den Hauptkatalog in Reinschrift vor. Die Eintragungen innerhalb der sachlichen Großgruppen sind dabei alphabetisch sortiert.[6]
Titel | Signatur[7] | Digitalisat |
---|---|---|
Alphabetischer Haupt- und Arbeitskatalog | Ms. Cat. A 361–372 | |
Reinschrift des Hauptkatalogs | Ms. Cat. A 464/30 | |
Realkatalog (Indexband) | Ms. Cat. A 389 | |
Katalog der Dissertationen | Ms. Cat. A 373–379 | |
Verzeichnis der Homerica | Ms. Cat. A 390 | |
Katalog der Handschriften | Ms. Cat. A 478b | Bibliographische Daten, PPN = 731531906, Digitalisat |
Bibliothekskataloge (nach 1818)
In der Königlichen Bibliothek wurden nach 1818 weitere Kataloge zur übernommenen Bibliothek Diez angefertigt.
Titel | Signatur[8] |
---|---|
Alphabetischer Katalog der Bibliothek Diez | Ms. Cat. A 380–387 |
Verzeichnisse der fehlenden bzw. zusätzlich vorhandenen Bücher | Ms. Cat. A 388 |
Verzeichnis der Portraits | Ms. Cat. A 391 |
Ermittelte Exemplare
In der Königlichen Bibliothek (heute Staatsbibliothek zu Berlin) wurde die Bibliothek Diez nach Materialart und Region auf die Sonderabteilungen aufgeteilt. Etwa 400 Titel gelten seit Ende des Zweiten Weltkriegs als Kriegsverlust.
Druckschriften:
Inkunabeln:
- Signaturenliste der Inkunabelsammlung der SBB, siehe unter Bemerkungen die Signatur "B. Diez"
Abendländische Handschriften und Bände mit Annotationen:
- „Manuscripta Dieziana“ und „Bibliotheca Dieziana, Libri impressi cum notis manuscriptis“ in der Signaturenübersicht der Abendländischen Handschriften der Abteilung Handschriften und Historische Drucke der SBB
Orientalische Handschriften und Diez-Alben in der Orientabteilung[9]
Quellen
- Verzeichniß der von dem Königl. Geheimen Legationsrathe und Prälaten Herrn von Diez und andern hinterlassenen Kunst- und Naturmerkwürdigkeiten verschiedener Art, als Kupferstiche, Oelgemälde, Zeichnungen, Antiken, Pasten, mathemat. u. physikalische Instrumente […] welche den 8ten Juni und folg. T. d. J. […] durch den Königl. Auctionskommissarius Bratring […] versteigert werden sollen, Berlin 1818, in: SBB-PK, Handschriftenabteilung, Ms. Cat. A 464/30-1.
Literatur
- Curt Balcke, Heinrich Friedrich von Diez und sein Vermächtnis in der Preußischen Staatsbibliothek, in: Gustav Abb (Hrsg.), Von Büchern und Bibliotheken. Festschrift für Ernst Kuhnert, Berlin 1928, S. 187–200.
- Katrin Böhme, „Ich hatte dabei wesentlich meine Bequemlichkeit zur Absicht“: Die Bibliothek Diez, ihre Kataloge und ihre Systematik, in: Christoph Rauch, Gideon Stiening (Hrsg.), Heinrich Friedrich von Diez (1751–1817). Freidenker - Diplomat – Orientkenner, Berlin 2020, S. 309-333.
- Jutta Fliege, Bibliothek Diez, in: Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz (Hrsg.), Ex Bibliotheca Regia Berolinensi. Schöne und seltene Bücher aus der Abteilung Historische Drucke, Wiesbaden 2000, S. 162-163.
- Christoph Rauch, The Oriental Manuscripts and Albums of Heinrich Friedrich von Diez and the Perception of Persian Painting in his Time, in: Julia Gonnella, Friederike Weis u. Christoph Rauch (Hrsg.), The Diez Albums. Contexts and Contents, Leiden u.a. 2017, S. 74–117.
- Johann Albrecht Freiherr von Reiswitz, „Diez, Friedrich von", in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 712-713 Online-Version
- Friedrich Wilken, Geschichte der Königlichen Bibliothek zu Berlin, Berlin 1828, S. 156-158. Digitalisat
Weblinks
- Artikel über Heinrich Friedrich von Diez in der deutschsprachigen Wikipedia
- Webseite der Bibliothek Diez in der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
GND-Normdaten
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Böhme, „Ich hatte dabei wesentlich meine Bequemlichkeit zur Absicht“, S. 311f.
- ↑ Für einen Abdruck des Testaments vgl. Balcke, Heinrich Friedrich von Diez.
- ↑ Vgl. Verzeichniß der von dem Königl. Geheimen Legationsrathe und Prälaten Herrn von Diez und andern hinterlassenen Kunst- und Naturmerkwürdigkeiten verschiedener Art […].
- ↑ Zit. n. Böhme, „Ich hatte dabei wesentlich meine Bequemlichkeit zur Absicht“, S. 320.
- ↑ Vgl. dazu detailliert ebd., S. 325ff.
- ↑ Vgl. zu den Katalogen detailliert ebd., S. 314ff.
- ↑ Diese handschriftlichen Kataloge befinden sich heute in der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin.
- ↑ Diese handschriftlichen Kataloge befinden sich heute in der Handschriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin.
- ↑ Vgl. dazu Rauch, The Oriental Manuscripts.