Hans-Hasso von Veltheim-Ostrau

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Widmung Veltheims an Leo Baeck aus dem Jahr 1940: "Der Edle hat Angst um Andere, Der Gemeine um sich selber! Herrn Dr. Leo Baeck mit besten Wünschen für 1940. Hans-Hasso Veltheim-Ostrau", darunter Veltheims chinesischer Namensstempel sowie die Zugangsnummer der Preußischen Staatsbibliothek aus dem Jahre 1943. In der Mitte der Stempel der Universitätsbibliothek Warschau, die nach 1945 in den Besitz des Buches gelangt war. Nach einer Regierungsvereinbarung zwischen der Volksrepublik Polen und der DDR wurde das Buch 1965 im Rahmen der "Rückführung der Bestände aus Polen" (RüBePol) an die Deutsche Staatsbibliothek Berlin (Ost) zurückgegeben. Ganz oben gedruckte Verfasserwidmung von Sigismund von Gleich an Veltheim.

Exemplar: Sigismund von Gleich: Die Lebensgeschichte des Denkens. Ein gemeinverständlicher Überblick über die Entwickelung der Weltanschauungen des Abendlandes, Stuttgart 1939. Standort: Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz: Bibliographische Daten, PPN = 406092656

Hans-Hasso Martin Ludolf Freiherr von Veltheim-Ostrau (* 15. Oktober 1885 in Köln; † 13. August 1956 in Utersum a. Föhr) war ein deutscher Gutsherr, Weltreisender, Privatgelehrter, Schriftsteller, Anthroposoph, Bibliophiler und Kunstsammler.

Leben

Hans-Hasso von Veltheim studierte von 1907 bis 1911 Kunstgeschichte, Geschichte und Philosophie an der Universität München. 1912 promovierte er an der Universität Bern zum Thema Burgundische Kleinkirchen bis 1200.[1] Mit dem Tod seines Vaters Franz Heinrich von Veltheim am 19. Oktober 1927 wurde Hans-Hasso von Veltheim, nach einem Erbrechtsstreit, Nachfolger im Von Veltheim Fideicommiss. Nach einer erfolglosen Militärkarriere sowie einer Tätigkeit als Kunsthändler und Verleger agierte Hans-Hasso von Veltheim-Ostrau ab diesem Zeitpunkt als adeliger Schlossherr in Ostrau. Veltheim ließ von 1927 bis 1933 Gut Ostrau mit allen Gebäuden und der weitläufigen Parkanlage umgestalten und machte daraus eine Stätte west-östlicher Begegnung. Viele namhafte Gäste besuchten Schloss Ostrau bis 1945, darunter Anthroposophen, Wissenschaftler, Gelehrte und Künstler.
Veltheim unternahm zwischen 1933 und 1939 weitläufige Fern- bzw. Forschungsreisen. Insbesondere die Reisen nach Asien inspirierten den Schriftsteller, so auch zu seinem Hauptwerk, den Tagebüchern aus Asien. Nach dem Einmarsch der Amerikaner in Ostrau 1945 wurde dem Schlossherrn von Ostrau angeboten, seinen Besitz in die westlichen Besatzungszonen zu transportieren, was er ablehnte. Nach dem Abzug der Amerikaner und der Übergabe Ostraus an die Sowjetischen Truppen wurde Veltheim am 4. Oktober 1945 die Umsetzung der Bodenreform für die damalige Provinz Sachsen mit der daraus folgenden vollständigen Enteignung mitgeteilt. Daraufhin floh Veltheim am 12. Oktober 1945 über die innerdeutsche Grenze aus der Sowjetischen Besatzungszone. Veltheim ließ eine große Kunstsammlung (hauptsächlich Asiatika [2]), das Gutsarchiv, die umfangreiche Bibliothek sowie den Großteil seines sonstigen Besitzes in Ostrau zurück.
Am 13. August 1956 starb Hans-Hasso von Veltheim im Sanatorium Utersum auf der Insel Föhr. Mitte 1990 wurde seine Urne nach Ostrau überführt und am 13. Oktober 1990 in der von ihm selbst eingerichteten Grabkapelle der Schlosskirche beigesetzt.

Bibliothek

Zwischen 1744 und 1927/1938 war die Rechtsnachfolge in den Hauptgütern der von Veltheims über ein Fideikommiss geregelt, das auch das Gutsarchiv und die Schlossbibliothek einbezog. Nach dem Tod seines Vaters war Hans-Hasso von Veltheim-Ostrau der letzte Gutsbesitzer.[3]
Zwischen 1927 und 1945 machte sich Veltheim auch um die Pflege des Schlossarchivs[4] und der Schlossbibliothek verdient. Im Jahr 1933 schuf er für seine eigene Büchersammlung, die er zu einem großen Teil bereits in Berlin und München zusammengetragen hatte, sowie für die historische Schlossbibliothek und das Gutsarchiv einen nach dem Muster St. Gallens gestalteten repräsentativen Raum. Durch einen umfangreichen Umbau des Südflügels entstand in der stillgelegten Bierbrauerei des Ostrauer Schlosses ein zweigeschossiger Bibliotheksraum, im dem Veltheims Sammlung mit den in Ostrau vorhandenen Bibliotheks- und Archivbeständen vereinigt wurde.
Ein 1933 von Hans Vahlbruch fertiggestellter alphabetischer Bibliothekskatalog verzeichnet Veltheims eigene Sammlung.[5] Die in 18 Regale mit entsprechender Fachbezeichnung gegliederte Aufstellungssystematik des neu geschaffenen Bibliotheksraumes hat sich ebenfalls erhalten.[6]

Nach 1945

Nach Veltheims eigener Angabe umfasste die im Oktober 1945 zurückgelassene Bibliothek um die 20.000 Bände. Unmittelbar nach der Flucht des Schlossherrn kam es in Ostrau zu Plünderungen und Vandalismus. Augenzeugen berichten, dass Bücher der Bibliothek auf der Müllkippe entsorgt wurden.[7]
Es ist davon auszugehen, dass in den folgenden Wochen Teile des Kulturguts aus Schloss Ostrau nach Russland abtransportiert wurden. Das im Schloss verbliebene Eigentum Veltheims wurde 1949 im Rahmen der in Sachsen-Anhalt zentral organisierten „Schlossbergung“ sichergestellt. Die Bücher Veltheims wurden zusammen mit anderen Bodenreform-Beständen aus Schlössern und Gutshäusern in die Universitäts- und Landesbibliothek (ULB) Halle überführt.
Laut „Jahresbericht der Abteilung Landesbibliothek vom 12. April 1949“ wurden aus dem Ostrauer Schloss 9.719 Bände, 145 Handschriften und 42 Karten in die ULB Halle übernommen.[8] Dubletten wurden später über die Zentralstelle für wissenschaftliche Altbestände (ZwA) an andere Bibliotheken in der DDR abgegeben. So fanden Bücher aus dem Besitz Veltheims den Weg in Bibliotheken in Magdeburg und Dessau aber auch in die Deutsche Staatsbibliothek. Über das Zentralantiquariat der DDR gelangten Exemplare dieser Provenienz auch in den Handel.

Provenienzmerkmale

Hans-Hasso von Veltheim-Ostrau benutzte (mindestens) vier Exlibris und annotierte seine Bücher intensiv. Abbildungen aus dem Hallenser Teilbestand in John Palatinis Aufsatz "Hans-Hasso von Veltheims Bibliothek – eine Annäherung", insbesondere S. 93 ff. Online-Ausgabe

Stempel

Autogramme

Widmungen

Ermittelte Exemplare

SBB-PK Berlin:

ULB Halle (Saale)
Ein Bestand von ca. 4.000 Bänden, der sich aus den 1949 eingearbeiteten sowie aus an Veltheims Erben restituierten Bänden zusammensetzt, befindet sich heute als Depositum in der ULB Halle. Die Bücher sind dort zusammen mit den handschriftlichen Materialien in den Historischen Sammlungen aufgestellt.

Siehe auch

Literatur

  • Genealogisches Handbuch des Adels. Adelige Häuser A Band I (= Band 5 der Gesamtreihe), Glücksburg 1953, S. 398. ISSN 0435-2408.
  • Rolf Italiaander (Hrsg.): Hans-Hasso von Veltheim-Ostrau. Privatgelehrter und Weltbürger, Düsseldorf 1987. ISBN 3-7700-0739-5.
  • Karl Klaus Walther: Hans Hasso von Veltheim. Eine Biographie, Halle/Saale 2004. ISBN 3-89812-211-5.
  • John Palatini, Georg Rosentreter (Hrsg.): Alter Adel, neuer Geist. Studien zur Biographie und zum Werk Hans-Hasso von Veltheims, Halle/Saale 2012 (Ostrauer Schriften 1). ISBN 978-3-89812-838-4.
  • John Palatini, Georg Rosentreter (Hrsg.): Das Erbe der Veltheims. Schloss, Park und Kirche Ostrau, Halle/Saale 2014 (Ostrauer Schriften 2). ISBN 978-3954629701.
    • Darin: John Palatini: Hans-Hasso von Veltheims Bibliothek – eine Annäherung, S. 85–109. Online-Ausgabe
  • John Palatini: Ostrauer Moderne. Die Grabkapelle Hans-Hasso von Veltheims, Halle/Saale 2018 (Ostrauer Schriften 3). ISBN 978-3963110368.
  • Udo von Alvensleben: Hans Hasso von Veltheim-Ostrau. In: Besuche vor dem Untergang. Adelssitze zwischen Altmark und Masuren, hrsg. v. Harald von Koenigswald, Frankfurt/M. u.a. 1968, S. 143–149.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Dissertation: Bibliographische Daten, PPN = 267406045. - Karl Klaus Walther: Hans Hasso von Veltheim. Eine Biographie. Mitteldeutscher Verlag, Halle (Saale) 2004, S. 37.
  2. Uwe Wolfradt / John Palatini: Die Asiatica-Sammlung Hans-Hasso von Veltheims auf Schloss Ostrau, in: Das Erbe der Veltheims. Schloss, Park und Kirche Ostrau, Halle/Saale 2014 (Ostrauer Schriften 2), S. 58-83.
  3. John Palatini: Hans-Hasso von Veltheims Bibliothek – eine Annäherung, S. 86.
  4. Adelsarchive im Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt. Übersicht über die Bestände, bearb. v. Jörg Brückner, Andreas Erb und Christoph Volkmar, Magdeburg 2012. Online
  5. Ein alphabetischer Bibliothekskatalog mit der Signatur H 173, I Nr. 1731 mit Einträgen ab 1927 existiert beim Landeshauptarchiv Sachsen-Anhalt (LHASA) in Wernigerode.
  6. Abgedruckt bei John Palatini: Hans-Hasso von Veltheims Bibliothek – eine Annäherung, S. 88 und 90.
  7. Karl K. Walther: Zwischen Notaufnahme und Restitution. Die Rettung der Bücher in Sachsen-Anhalt. Gedanken und Erinnerungen, in: Bibliothek und Wissenschaft 42 (2009), S. 141–174, hier S. 149. Online
  8. John Palatini: Hans-Hasso von Veltheims Bibliothek –eine Annäherung, S. 91.

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